Ist die Frage nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung zulässig?

Das kommt darauf an. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Februar 2012 entschieden, dass die Frage nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung im bestehenden Arbeitsverhältnis dann zulässig ist, wenn dem Arbeitgeber nur bei wahrheitsgemäßer Auskunftserteilung ein rechtstreues Verhalten möglich ist.

Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber vor dem Ausspruch von Kündigungen zur Überprüfung der Sozialdaten der Mitarbeiter Fragebögen ausgegeben, in denen auch nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung gefragt wurde. Der betroffene Arbeitnehmer hat die Frage verneint. Später hat der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gekündigt. Hiergegen hat der Arbeitnehmer geklagt und in der Klageschrift seine Schwerbehinderung mitgeteilt und bemängelt, dass es für die Kündigung an der erforderlichen Zustimmung des Integrationsamts fehlt. Das BAG hat entschieden, dass sich der Arbeitnehmer nicht auf den Kündigungsschutz von Schwerbehinderten berufen kann. Zwar ist der Sonderkündigungsschutz nicht verwirkt, weil die Schwerbehinderung innerhalb der relevanten Frist nach Ausspruch der Kündigung mitgeteilt wurde – allerdings hat sich der Arbeitnehmer widersprüchlich verhalten, weil er zuvor die Frage nach der Schwerbehinderung wahrheitswidrig verneint hat. Im bestehenden Arbeitsverhältnis aber ist diese Frage nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX zulässig, wenn nur so dem Arbeitgeber rechtstreues Verhalten, z.B. im Hinblick auf den Sonderkündigungsschutz möglich ist. Das heißt aber nicht, dass Arbeitgeber auch schon im Zuge der Einstellung von Arbeitnehmern z.B. im Vorstellungsgespräch nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung fragen dürfen! Wegen des potenziell diskriminierenden Charakters ist hier nach wie vor Zurückhaltung geboten.