Muss sich ein Angegriffener auf einen Kampf mit einem ungewissen Ausgang einlassen?

Ja, auch ein Schlag mit einem Bierkrug zur Abwehr eines Angreifers kann als Nothilfehandlung gerechtfertigt sein. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Voraussetzung ist, dass der Angegriffene handelt, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff eines Anderen von sich oder einem Begleiter abzuwehren. Er habe sich eines Abwehrmittels bedienen dürfen, das er zur Hand gehabt habe und mit dem der Angriff sofort und endgültig abzuwehren gewesen sei. Das schließe – in Ausnahmefällen und als letztes Verteidigungsmittel – den Einsatz lebensgefährlicher Mittel ein. Auf weniger gefährliche, in ihrer Abwehrwirkung zweifelhafte Verteidigungsmittel habe der Angegriffene nicht zurückgreifen, auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang habe er sich nicht einlassen müssen. Ausgehend hiervon sei der Schlag mit dem Glaskrug gerechtfertigt gewesen. Der Schlag habe die sofortige und endgültige Beseitigung des Angriffs erwarten lassen. Dabei habe der Angegriffene sich nicht auf ein bloßes Wegschubsen des Nebenklägers, einen Schlag mit seiner freien linke Hand – er sei Rechtshänder – oder darauf einlassen müssen, den Glaskrug zunächst wegzustellen, um dann mit der bloßen Faust zuzuschlagen. Diese Rechtsprechung sollte Strafverteidigern und Rechtsanwälten mit dem Schwerpunkt Strafrecht bekannt sein.